Die vorliegende Religionstheorie ist ein Versuch, die religiöse Wirklichkeit begrifflich zu erfassen, zu erläutern und zu erklären. Im Zentrum der Reflexion stehen dabei das religiöse Verhalten, Handeln und Erleben, Kommunizieren und Deuten der Wirklichkeit. Es wird erläutert, was es bedeutet, religiös zu leben. Die Religionstheorie wird hier also als eine Theorie religiösen Lebens bestimmt.
In dieser Religionstheorie wird das religiöse Leben von Menschen dadurch definiert, dass sie sich selbst und die faktische Realität transzendieren, indem sie ihr Herz an Personen, Dinge oder Vorstellungen hängen, die ihnen heilig sind und die sie heiligen.
Diese religiöse Praxis kann dazu führen, dass sie in ihrem Leben Fülle, Heil, Sinn und Orientierung erfahren oder erhoffen. Das religiöse Leben kann auf diese Weise dazu dienen, Mangel, Leid, fehlende Sinnerfahrung, Kontingenz und Orientierungslosigkeit in ihren verschiedenen Formen zu bewältigen sowie Glück und Freude zu vermehren. Dadurch werden die Identität, die Lebensweise und die Weltansicht der religiösen Menschen entweder bestätigt und stabilisiert oder in Frage gestellt und transformiert.
Die Definition des religiösen Lebens als ein transzendierendes Verhalten, Handeln und Erleben, Kommunizieren und Deuten der Wirklichkeit bildet den Kern dieser Religionstheorie und die Grundlage für die Bestimmung, Deutung und Erklärung des religiösen Lebens, der Religionen, der Religiosität und der Religionsgemeinschaften. Die Fähigkeit, sich selbst und die faktische Realität zu transzendieren, wird hier als ein natürliches Merkmal von Menschen, das sich im Laufe der Evolution der menschlichen Spezies herausgebildet und durchgesetzt hat, angesehen. Die jeweiligen kulturellen Ausprägungen von Religionen, die auf der Grundlage dieser Fähigkeit von Menschen hervorgebracht werden, sind ein Teil der gesellschaftlich konstruierten Wirklichkeit innerhalb der natürlichen Welt.